Wie geht es mit den europäischen Baumarten weiter?

Ein neuer Datensatz, der für Personen mit Entscheidungsbefugnis in den Bereichen Artenvielfalt der Wälder und Bioökonomie von unschätzbarem Wert sein könnte, zeigt die aktuelle Verbreitung von 67 europäischen Baumarten und prognostiziert ihre künftige Verbreitung anhand von zwei Emissionsszenarien.

Vom EU-finanzierten Projekt FORGENIUS unterstützte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen neuen Datensatz vorgelegt, der die aktuelle und potenzielle zukünftige Verbreitung europäischer Baumarten abbildet. Der unter dem Namen EU-Trees4F bekannte Datensatz bietet ein detailliertes Modell, wie sich die Verbreitungsgebiete von 67 Baumarten bis 2095 verändern werden. Damit wird ein Beitrag geleistet, die derzeit verfügbaren Daten für die Erhaltung der genetischen Vielfalt der Baumarten in den europäischen Wäldern zu verbessern.

Die europäischen Wälder sind durch eine Reihe von Gefahren bedroht: die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Pflanzen- und Tierarten, Wasserknappheit, Brände, Stürme, Schädlinge und den Klimawandel. Es ist voraussehbar, dass sich allein durch den Klimawandel die Verteilung der klimatisch geeigneten Gebiete für die meisten europäischen Baumarten bis zum Ende des Jahrhunderts erheblich verändern wird, wodurch die derzeitigen Verbreitungsgebiete der Arten nach und nach zerstört werden könnten. Während Wälder diese Problematik häufig durch die Besiedlung neuer Gebiete ausgleichen, ist dies bei europäischen Baumarten, deren Ausbreitungsfähigkeit im Allgemeinen gering ist, unwahrscheinlich.

Eine gezielte Waldbewirtschaftung stellt eine offensichtliche Lösung dar, um den Verlust an biologischer Vielfalt zu minimieren und sicherzustellen, dass die Wälder weiterhin wertvolle Ökosystemleistungen wie Einlagerung von Kohlenstoff, Bereitstellung von Lebensraum und Wasserregulierung erbringen können. Die derzeitigen Bewirtschaftungsverfahren in Europa sind jedoch größtenteils wirtschaftlich motiviert. In ihrer in der Fachzeitschrift „Scientific Data“ veröffentlichten Studie argumentieren die Forschenden, dass eigentlich ein „wissenschaftlich fundierter Richtungswechsel erforderlich ist, um Wälder zu ‚entwerfen‘, die in der Lage sind, Umweltveränderungen gewachsen zu sein und gleichzeitig wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile für Menschen und natürliche Systeme zu bewirken.“ Der neue Datensatz könnte den Forstverwaltungen dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen.EU-Trees4F stellt aktuelle und zukünftige Verbreitungskarten für die 67 europäischen Baumarten unter verschiedenen Modellierungs- und Klimaannahmen bereit. Die zukünftigen Verbreitungskarten entsprechen drei 30-Jahres-Zeiträumen, die sich auf die Jahre 2035, 2065 und 2095 konzentrieren, und werden für zwei Emissionsszenarien modelliert: ein Szenario des repräsentativen Konzentrationspfads (engl. Abkürzung RCP) 4.5 mit langsam abnehmenden Emissionen und ein Szenario mit steigenden Emissionen (RCP 8.5). Die Projektionen kombinieren Informationen aus EU-Forest – laut der Autorenschaft der Studie „der umfassendste derzeit verfügbare Datensatz über das Vorkommen von Waldbaumarten in Europa“ – mit sieben bioklimatischen Parametern, die aus den Klimamodellen von EURO-CORDEX abgeleitet wurden, sowie zwei Bodenparametern. Wie in einer Pressemitteilung auf der FORGENIUS-Projektwebsite dargelegt wird, kennzeichnet der Datensatz „Gebiete, die für einzelne Baumarten ungeeignet werden, Gebiete, in denen sich das Vorkommen der Arten wahrscheinlich nicht verändern wird, sowie Gebiete, die unter zukünftigen klimatischen Bedingungen besser geeignet sein werden.“

EU-Trees4F weist im Vergleich zu derzeitigen Datensätzen verschiedene Vorteile auf. Erstens werden durch die Einbeziehung von 67 Baumarten die Beschränkungen früherer Studien überwunden, die sich auf einige wenige kommerziell bedeutende Baumarten konzentrierten und damit möglicherweise Arten nicht berücksichtigt haben, die für die biologische Vielfalt und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen von Bedeutung sind. Zweitens nutzt EU-Trees4F im Gegensatz zu früheren Projektionen Daten aus regionalen Klimamodellen mit einer höheren räumlichen Auflösung als zuvor. Drittens: Während frühere Studien künftige Besiedlungsmuster nicht erfassten, zieht der neue Datensatz potenzielle künftige nur durch Klima und Boden eingeschränkte geeignete Gebiete sowie die erwartete künftige Verteilung der Arten auf der Grundlage der natürlichen Ausbreitung in Betracht. Die Forschenden stellen außerdem eine Version des Datensatzes zur Verfügung, bei der die Verbreitung der Bäume durch die zukünftige Landnutzung begrenzt ist.

Den Autorinnen und Autoren der Studie zufolge stellt EU-Trees4F „eine zeitgemäße und wertvolle Ressource zur Unterstützung der politischen Entscheidungsfindung“ dar. Das Projekt FORGENIUS (Improving access to FORest GENetic resources Information and services for end-USers) endet im Jahr 2025.

Weitere Informationen:

FORGENIUS-Projektwebsite


Datum der letzten Änderung: 2022-04-05 17:15:01
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