Künstliche Muskeln aus dem 3D-Drucker in nur einem Arbeitsschritt

Forschende entwickeln mit einem kommerziellen 3D-Drucker eine pneumatische künstliche Hand.

Künstliche Muskeln sind dank technologischer Fortschritte inzwischen so weit, dass sie sich fast völlig wie menschliche Muskeln zusammenziehen können. Doch um die Vielseitigkeit und Eleganz der natürlichen menschlichen Bewegung zu erreichen, fehlt noch einiges. Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts PROBOSCIS ist ein Forschungsteam diesem Ziel mit einem neuen Design für 3D-gedruckte pneumatische künstliche Muskeln einen Schritt näher gekommen. Ihre Arbeit wurde in der Fachzeitschrift „Science Robotics“ veröffentlicht.

Die Forschenden erfanden die sogenannten GeometRy-based Actuators that Contract and Elongate (GRACEs). Diese muskelähnlichen Strukturen sind dank ihrer geometrischen Form, die einer Spindel mit Falten ähnelt, in der Lage, sich nach Belieben zu dehnen und zusammenzuziehen. Laut einem Artikel auf „Innovation Origins“ lässt sich die Anzahl und Art der eingesetzten GRACEs durch ein mathematisches Modell jeweils danach festlegen, welche Aufgabe der Muskel erfüllen soll und welche Bewegung dafür nötig ist.„Moderne künstliche Muskeln arbeiten sehr gut, sind jedoch beim Zusammenbau und bei der individuellen Anpassung problematisch. Unsere Vorrichtung bietet große Flexibilität, da das Zusammenziehen und Dehnen personalisiert werden kann. Zudem ermöglichen GRACEs das Durchstrecken des Muskels“, sagt in diesem Artikel der Erstautor der Studie, Corrado De Pascali, Promovend beim PROBOSCIS-Projektkoordinator, dem Istituto Italiano di Tecnologia.

GRACEs können in unterschiedlichen Größen und mit unterschiedlichem Material hergestellt werden, um eine breite Palette von lebensnahen Bewegungen zu unterstützen. „Die Größe ist lediglich durch die eingesetzte Herstellungstechnik beschränkt“, wird der Forscher in einer Pressemitteilung auf „EurekAlert!“ zitiert. „Sie sind in verschiedenen Größen ausführbar. Zudem können wir ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Verformung und Kraft variieren und sie mit verschiedenen Materialien und Technologien herstellen – sogar mit Vorintegration in die Strukturen, die gefertigt werden sollen.“ Das beschleunigt und vereinfacht die Prototypisierung und Herstellung von benötigten Vorrichtungen, die auf diesen pneumatischen künstlichen Muskeln basieren.

Das Projektteam demonstrierte die Vielseitigkeit der GRACE-Aktuatoren an einer pneumatischen 3D-gedruckten Hand, die von einem kommerziellen 3D-Drucker in nur einem Schritt gefertigt wurde. Diese künstliche Hand mit einem Gewicht von rund 100 Gramm und einer Größe, die in etwa der menschlichen Hand entspricht, besteht aus 18 GRACEs von unterschiedlicher Form und Größe. Jeder Finger setzt sich jeweils aus drei kleinen GRACEs zusammen. Wie der Artikel von „Innovation Origins“ beschreibt, üben die pneumatischen Muskeln im aufgeblasenen Zustand eine Zugkraft auf die Sehnen aus, wodurch sich die Finger öffnen und schließen können. Da jeder Finger über eine eigene pneumatische Leitung verfügt, lässt sich auch jeder einzelne separat deaktivieren. Das Handgelenk umfasst zudem vier größere GRACES – jeweils zwei pro Seite. Dank dieser Anordnung genügen schon einige Zehntel Bar Druck, um die Finger zu beugen oder das Handgelenk oder die Handfläche zu drehen.

Als Material für die Hand wird Weichharz verwendet. De Pascali erklärt im Artikel von „Innovation Origins“, inwieweit sich die Wahl des Materials auf den Aktuator auswirkt: „Je nach Filament unterscheiden sich auch die Kräfte, die ein GRACE ausüben kann. Ein steiferes Material kann einem höheren Druck standhalten als ein weicheres und daher auch höhere Lasten von bis zum Tausendfachen des Eigengewichts aufnehmen.“

Im Rahmen des Projekts PROBOSCIS (Proboscidean sensitive soft robot for versatile gripping) entwickelt das Team einen robotischen Arm, für den der Rüssel eines Elefanten als Vorbild diente. Wie der Forscher erklärt, wird der Arm „aus mehreren Tausend am Stück gedruckten GRACEs“ bestehen.

Weitere Informationen:

PROBOSCIS-Projektwebsite


Datum der letzten Änderung: 2022-12-16 19:30:01
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