WISSENSCHAFT IM TREND: Wie schmeckt erlesener Wein nach mehr als einem Jahr im Weltraum?

Sachverständige testeten renommierten französischen Wein, der sich 14 Monate lang in der Erdumlaufbahn befunden hatte.

Nach Fruchtfliegen, Affen, Hunden und Pizza war der Wein am Zug, zur letzten Grenze aufzubrechen. Im Jahr 2019 wurden 12 Flaschen französischen Weins an die Internationale Raumstation (ISS) gesandt.

Nicht irgendein Wein. Der berühmte Château Pétrus zählt zu den kostspieligsten der Welt. Eine Flasche kostet etwa 5 000 EUR.„Der Hauptgrund dafür, in den Weltraum zu gehen, war tatsächlich, dass wir ermitteln wollten, wie der Reifungsprozess abläuft und wie wir den Reifungsprozess beeinflussen können“, berichtete Weltraumbiologe Dr. Michael Lebert, der bei der Planung des Experiments assistierte, „Euronews“. „Hierzu müssen wir wissen, wie der Reifungsprozess funktioniert. Und der einzige Weg, um die Rolle bestimmter Stoffe herauszufinden, ist, Bedingungen herzustellen, unter denen die Funktionsweise dieser Stoffe wie zum Beispiel Sauerstoff ausgeschlossen werden kann.“

Nach einem 438 Tage und 19 Stunden währenden Aufenthalt auf der ISS in Schwerelosigkeit befand sich der Wein anlässlich einer Blindverkostung durch Connoisseurinnen und Connoisseure in Bordeaux, Frankreich, wieder auf der Erde. Den Prüferinnen und Prüfern wurde nicht mitgeteilt, dass ein Wein, der im Weltraum gewesen ist, verkostet wird. Ihre Aufgabe war es, zu bestimmen, ob der Wein im Vergleich zu Flaschen, die niemals unseren Planeten verlassen hatten, anders schmeckte, roch und aussah. Eine der Flaschen wurde Seite an Seite mit einer auf der Erde im Keller gelagerten Flasche desselben Jahrgangs verkostet. Der irdische und der astronomische Wein wurden in speziellen Behältern versiegelt und bei knapp unter 18°C gelagert.

„Ich habe Tränen in den Augen“, berichtete Nicolas Gaume, Geschäftsführer und Mitbegründer von Space Cargo Unlimited, dem europäischen Start-up, welches das Experiment organisierte, der „Associated Press“, als er die Flaschen entkorkte.Laut den Weinsachverständigen schmeckte der Weltraumwein nach Rosenblüten und hatte ein Lagerfeueraroma. „Für mich war der Unterschied zwischen Weltraumwein und irdischem Wein... nicht einfach zu definieren“, kommentierte Agrarwissenschaftler und Önologe Franck Dubourdieu, Experte in der Weinuntersuchung und Weinherstellung.

„Ich stellte einen Unterschied in puncto Farbe und Aroma wie auch Geschmack fest“, berichtete Weinexpertin Jane Anson, die ebenfalls für die weltweit meistverkaufte Weinfachzeitschrift Decanter schreibt, gegenüber „CNN“. „Er fühlte sich ein wenig reifer, etwas kultivierter an, als der Wein, der auf der Erde geblieben war. … Man wird definitiv nicht jeden Tag darum gebeten, einen Wein aus dem Weltraum zu verkosten. Falls man ihn heute Abend trinken würde, dann wäre der [Wein] aus dem Weltraum etwas genießbarer. Er war etwas bekömmlicher.“

Der Wein reifte in der Schwerelosigkeit bis zu drei Jahre schneller als die auf der Erde gelagerten Flaschen. Die Forschenden bei Space Cargo Unlimited möchten jetzt herausfinden, warum und wie der Wein schneller reifte.

„Auch wenn es noch zu früh ist, wissenschaftliche Schlussfolgerungen zu ziehen, bestätigen diese ersten Beobachtungen den einzigartigen Ansatz von Space Cargo Unlimited, der darin besteht, den Weltraum als neue Forschungsumgebung für die Zukunft der Landwirtschaft zu nutzen, und die Weinrebe und den Wein zu erschließen, die ein unglaubliches Medium für wissenschaftliche Forschung sind, wie Pasteur in der Vergangenheit demonstrierte“, erklärten Gaume und Mitbegründer Emmanuel Etcheparre im „Forbes“.


Datum der letzten Änderung: 2021-06-01 23:15:03
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