WISSENSCHAFT IM TREND: Führende Frauen: Laut einer Studie haben von Frauen regierte Länder COVID-19 besser bewältigt

Führende Frauen in der Weltpolitik sind mit der Coronavirus-Pandemie effektiver umgegangen als ihre männlichen Kollegen.

Länder mit Frauen an der Spitze, wie der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen Mette Frederiksen und Sanna Marin aus Dänemark bzw. Finnland, sind weltweit für ihren Erfolg bei der Bewältigung der COVID-19-Krise gelobt worden. Das heißt nicht, dass Männer in diesen Positionen versagt haben. Die Tschechische Republik, Griechenland, Australien und Vietnam sind herausragende Beispiele. Allerdings gibt es nur wenige Länder mit weiblichen Regierungsoberhäuptern, die keine gute Arbeit geleistet haben.

Die Forschenden analysierten 194 Länder und stellten fest, dass in den von Frauen regierten Ländern während COVID-19 schneller eine Massenquarantäne veranlasst wurde und es zu durchschnittlich nur halb so vielen Todesfällen kam wie in Ländern mit männlichen Regierungsoberhäuptern. Die Ergebnisse wurden in der E-Bibliothek „SSRN“ veröffentlicht. Die Forschenden bewerteten die politischen Maßnahmen und die anschließenden COVID-19-Fallzahlen und die diesbezüglichen Todesfälle in diesen Ländern bis zum 19. Mai, dem ersten Quartal der Pandemie.

Die Studie berücksichtigte Faktoren wie das Bruttoinlandsprodukt, die Bevölkerungszahl, die städtische Bevölkerungsdichte, den Anteil älterer Menschen, die jährlichen Gesundheitsausgaben pro Person, die Offenheit gegenüber globalen Reisen und die allgemeine Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft. Da nur 19 der 194 Länder während der Durchführung der Studie von Frauen regiert wurden, gründeten die Autorinnen Gruppen mit einander ähnlichen Ländern, um diese zu vergleichen. Zum Beispiel verglichen sie Deutschland (Frauen) und das Vereinigte Königreich (Männer) miteinander.„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass weibliche Regierungsoberhäupter angesichts möglicher Todesfälle schneller und entschlossener reagierten“, kommentierte die Co-Autorin Supriya Garikipati von der Universität Liverpool in einer Pressemitteilung der Universität. „Unter ähnlichen Umständen veranlassten sie in fast allen Fällen früher als männliche Regierungschefs eine Massenquarantäne. Dies mag zwar längerfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben, hat diesen Ländern jedoch sicherlich geholfen, Leben zu retten, wie die deutlich geringere Anzahl von Todesfällen in diesen Ländern zeigt.“

Garikipati fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen von COVID in von Frauen regierten Ländern systematisch und signifikant positiver ausfallen. Dies kann zum Teil durch die ergriffenen proaktiven politischen Maßnahmen erklärt werden. Selbst unter Berücksichtigung des institutionellen Kontextes und anderer Kontrollen hat eine Regierung durch Frauen den Ländern in der aktuellen Krise einen Vorteil verschafft.“

Hat die Tatsache, dass die Regierungschefinnen in ihren Ländern viel früher als ihre männlichen Kollegen eine Massenquarantäne ausgerufen haben, etwas mit Risikovermeidung zu tun? Garikipati stellt diesen Gedanken in Frage: „Während sich Regierungschefinnen in Bezug auf das Leben von Menschen risikoscheu zeigten, waren sie jedoch bereit, erhebliche Risiken für ihre Volkswirtschaften einzugehen, indem sie frühzeitig eine Massenquarantäne einleiteten.“Neben ihren vorbildlichen Führungsrollen sind es auch die Frauen, die an vorderster Front im Kampf gegen die Pandemie stehen. Laut eines aktuellen Kurzdossiers der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellen Frauen fast 70 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen, wodurch sie einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Die Studie spricht sich auch für „geschlechtergerechte Institutionen“ aus und beschreibt, dass es „eher die Gleichstellung von Frauen und Männern im Allgemeinen [ist], als die Staatsführung durch Frauen, die die entscheidend besseren Ergebnisse ermöglicht hat.“ In den von Frauen regierten Ländern spielte Gleichheit eine größere Rolle und Frauen wurden stärker an Machtpositionen beteiligt.

„Wir hoffen, dass dieser Artikel als Ausgangspunkt dient, um die Diskussion über den Einfluss von Regierungsoberhäuptern bei der Erklärung der Unterschiede in den COVID-Ergebnissen der verschiedenen Länder zu bereichern“, heißt es in der Studie.


Datum der letzten Änderung: 2020-08-28 17:15:01
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