Moderne Alchemie? Untersuchung synthetisierter Elemente mit neuem Verfahren

Ein EU-gefördertes Forschungsteam hat eine neue Methode zur Erforschung der atomaren Struktur superschwerer chemischer Elemente entwickelt.

Ähnlich der mittelalterlichen Aufgabe der Alchemisten, Basismetalle wie Blei in Gold umzuwandeln, konzentriert sich die Wissenschaft zunehmend auf die Herstellung und Analyse superschwerer Elemente, die außerhalb des Labors nicht vorkommen. Superschwere Elemente, die mithilfe großer Beschleunigungsvorrichtungen Atom für Atom synthetisiert wurden, helfen der Forschung dabei herauszufinden, wie sich Materie im Universum verhält. Die im unteren Bereich des Periodensystems der Elemente aufzufindenden superschweren Elemente haben eine große Anzahl Protonen im Kern. Sie kommen in der Erdkruste nicht natürlich vor und existieren nur ganz kurz unter extrem kontrollierten Bedingungen. Sie sind radioaktiv und zersetzen sich äußerst schnell, häufig im Bruchteil einer Sekunde, sodass nur wenig Zeit zur Analyse bleibt.

Ein Wissenschaftsteam hat mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts LRC (Laser Resonance Chromatography of Superheavy Metals) eine neue Technologie zur Messung der Ionenspektren in superschweren Elementen mit Ordnungszahlen über 102 vorgeschlagen. Als Spektrum wird die charakteristische Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung bezeichnet, die von einem Objekt, einer Substanz, einem Atom oder einem Molekül ausgestrahlt oder absorbiert wird, das oder die gerade im Übergang von einem hohen Energiezustand zu einem niedrigeren ist. Die Forschungsergebnisse wurden in den Fachzeitschriften „Physics Review Letters“ und „Physical Review A“ veröffentlicht.

Laut einer Pressemitteilung des LRC-Projektträgers Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hinkt die Untersuchung superschwerer Elemente mithilfe optischer Spektroskopieinstrumente trotz der Entdeckung vor Jahrzehnten „der Synthese [...] weit hinterher. Der Grund ist, dass sie nur in kleinsten Mengen hergestellt werden und daher nicht mit traditionellen Methoden zu erforschen sind. Bislang endet die optische Spektroskopie bei Nobelium, Element 102 im Periodensystem.“ In derselben Pressemitteilung wird Dr. Mustapha Laatiaoui mit den Worten zitiert: „Die derzeitigen Techniken sind an der Grenze des Machbaren angelangt. Ab dem nächst schwereren Element ändern sich die physikalisch-chemischen Eigenschaften schlagartig und erschweren die Bereitstellung von Proben in geeigneten atomaren Zuständen.“Wie in der Pressemitteilung der JGU erklärt, kombiniert der neue Laser-Resonanz-Chromatographie-Ansatz für optische Spektroskopie „Elementselektivität und spektrale Präzision der Laserspektroskopie mit der Ionenmobilitätsmassenspektrometrie und vereint die Vorteile einer hohen Empfindlichkeit mit der ,Einfachheit‘ der Laser-induzierten Fluoreszenzspektroskopie.“ In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Die Kernidee besteht darin, die Produkte resonanter optischer Anregungen nicht anhand von Fluoreszenzlicht wie üblich, sondern anhand ihrer charakteristischen Driftzeit zu einem Teilchendetektor zu detektieren.“

Die Studie stellte „einfach geladenes Lawrencium, Element 103, und [...] sein leichteres chemisches Homolog“ in den Mittelpunkt. Aber das Konzept bietet einen beispiellosen Zugang zur Laserspektroskopie vieler anderer monoatomarer Ionen des Periodensystems, insbesondere der Übergangsmetalle einschließlich der hochtemperaturbeständigen Refraktärmetalle und der Elemente jenseits des Lawrenciums“, wird in der gleichen Pressemitteilung angegeben. „Andere Ionenspezies wie das dreifach geladene Thorium sollen ebenfalls in Reichweite der LRC-Methode liegen. Darüber hinaus ermöglicht die Methode die Optimierung des Signal-Rausch-Verhältnisses und erleichtert damit die Ionenmobilitätsspektrometrie, die zustandsselektive Ionenchemie und andere Anwendungen.“

Die Forschenden sind der Meinung, dass die spektroskopische Einordnung von superschweren Elementen essentiell ist für Kosmologie, Astrophysik und den Fortschritt der Theorie atomarer Strukturen. Es ist geplant, das neue Verfahren auf andere superschwere Elemente jenseits von Lawrencium anzuwenden. Das Projekt LRC läuft bis Mai 2024.


Datum der letzten Änderung: 2020-09-16 17:15:01
Kommentare
Privacy Policy